Aktive Kontroll- und Eingreifpflicht bei Geschwindigkeitsregulierungssystem mit automatischer Verkehrszeichenerkennung

Moderne Fahrzeuge verfügen über eine Vielzahl von Assistenzsystemen, die den Fahrer unterstützen und entlasten sollen.

Ein Tempomat, kombiniert mit einer automatischen Verkehrszeichenerkennung, ist aber kein Garant für die Vermeidung von Geschwindigkeitsverstößen: Dieses System sucht während der Fahrt permanent nach Gegenständen, die nach ihrer äußeren Form Verkehrszeichen sein könnten. Diese werden dann von der Videokamera verfolgt, bis sie nahe genug sind, um von der Software identifiziert werden zu können. Der Tempomat wird dann von der Software mit der aktuell zulässigen Höchstgeschwindigkeit versorgt.

Wenn denn alles funktioniert….

Verkehrszeichenerkennung
Ob dieses Verkehrszeichen softwarebasiert erkennbar ist?

Was war geschehen?

Der Betroffene passierte ein Verkehrszeichen 274, welches eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h anordnet. Sein Pkw verfügte über eine Verkehrszeichenerkennung, die ohne sein Zutun die Höchstgeschwindigkeit automatisch einhalten soll. Das funktionierte zum Tatzeitpunkt aber nicht, er wurde mit 92 km/h geblitzt.

Gegen die Verurteilung des AG Aachen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 22 km/h wehrte sich der -bereits mehrfach einschlägig in Erscheinung getretene- Fahrer.

OLG Köln: aktive Kontroll- und Eingreifpflicht des Fahrzeugführers

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wurde vom OLG Köln jedoch verworfen.

Das OLG Köln führte u.a. folgendes aus:

„Bereits geklärt ist in der Rechtsprechung allerdings auch, dass ein Fahrzeugführer trotz eingeschalteten Geschwindigkeitsregulierungssystems verpflichtet bleibt, die von ihm gefahrene Geschwindigkeit zu kontrollieren und so die Einhaltung von Beschränkungen der Höchstgeschwindigkeit aktiv zu gewährleisten (vgl. für den Tempomat OLG Hamm, Beschluss vom 16.01.2006 – 2 Ss-OWi 200/06BeckRS 2006, 7781; AG Unna, Urteil vom 11.02.2019 – 174 OWi-923 Js 1550/18-161/18). Ist- wie im vorliegenden Fall- das Geschwindigkeitsregulierungssystem an eine automatisierte Verkehrszeichenerkennung gekoppelt, gilt für die aktive Kontroll- und Eingreifpflicht des Fahrzeugführers nichts anderes, denn auch dabei handelt es sich um ein geschwindigkeitsregulierendes Assistenzsystem, das ein assistiertes Fahren bei permanent bestehender Einflussnahmemöglichkeit des Fahrers garantiert.“

Weiter lässt das OLG in dieser Entscheidung wissen:

„Ebenso wenig hat das Amtsgericht Feststellungen dazu getroffen, in welcher Entfernung hinter dem Zeichen 274 die Messung erfolgt ist und ob (ggfls. wann) das Geschwindigkeitssystem einen Bremsvorgang eingeleitet hat. Dessen bedurfte es auch nicht, denn Amtsgericht und Generalstaatsanwaltschaft stellen zu Recht darauf ab, dass derartige Systeme lediglich Hilfsmittel darstellen, die den Fahrer nicht seiner persönlichen Verantwortung als Verkehrsteilnehmer entheben können. Ihm obliegt, was die Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit anbetrifft, eine Kontroll- und Überwachungspflicht.“ 

Vorinstanz:
Amtsgericht Aachen, Urteil vom 07.03.2019 – 420 OWi-608 Js 1865/18-206/18

Gericht:
Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 07.06.2019 – III-1 RBs 213/19